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Eine Kollegin, mit der ich gemeinsam ein Seminar über Schreibblockaden für angehende SchreibtrainerInnen vorbereite, hat mir ein zerfleddertes und sichtlich intensiv gelesenes Buch geborgt: „The War of Art. Break Through the Blocks and Win Your Inner Creative Battles.“ von Steven Pressfield.

Ich bin zuerst etwas skeptisch, der Titel klingt so martialisch. Aber ich habe es für den heutigen Schreibtreff eingepackt, wer weiß, vielleicht brauche ich heute etwas von dieser kämpferischen Energie. Eine fiese innere Stimme will mir nach der Euphorie des Rohtextschreibens im November mein aktuelles Buchprojekt madig machen, und auf einmal bin ich so müde, als ich mich zum Schreibtisch setze. Ich nehme daher „The War of Art“ zur Hand, nachdem ich schon gut 90 Minuten meiner heutigen Schreibzeit mit ach so wichtigen Emails und Facebook vertrödelt habe.

Interessant: Pressfield ist der Autor von Büchern wie „Tides of War“, „The Virtues of War“ und „Killing Rommel“, seine Titelwahl für den Schreibratgeber ist also stimmig, auch wenn mich diese kämpferische Attitüde auf den ersten Blick abschreckt. Könnte es nicht mehr ein Tanz mit dem inneren Schweinehund sein als ein Kampf?

„There is a secret that real writers know that wannabe writers don`t, and the secret is: It`s not the writing part that`s hard. What`s hard is sitting down to write. What keeps us from sitting down is Resistance.“

Ja, kann ich unterschreiben. Auch wenn ich mittlerweile keine Ausreden mehr gelten lasse, wenn es darum geht, meinen Hintern zum Schreibtreff zu bewegen, da ist diese innere Stimme, die wirklich nie den Mund hält, die mir erklären will, dass ich ja nicht in die Straßenbahn steigen müsste, ich könnte ja genausogut zuhause arbeiten, und da heute vielleicht eh niemand kommt außer mir…

Nun, dieser fiese Flüsterer hat mich nicht davon abhalten können, zum Schreibtreff zu erscheinen. Auch wenn ich diesmal wirklich alleine da sitze. Keep on going!, sag ich mir. Ich bin ja ein Profi. Deshalb erkenne ich diese Müdigkeit und Unlust, mich der Arbeit an meinem Buch zu widmen, als Angst, den treuen Begleiter jedes Schreibenden.

Pressfield weiß, dass ein Profi sich bewusst ist, dass die Angst zum kreativen Prozess dazugehört: „A professional acts in the face of fear.“  Als größte Angst von allen, „The Master Fear“, nennt er die Angst vor dem Erfolg. Ach!

Lassen wir uns nicht ins Bockshorn jagen von einer Kompanie von Ängsten. Keep on going! Denn, wie Pressfield so schön schreibt:

„Creative work is a gift to the world and every being in it. Don´t cheat us of your contribution. Give us what you`ve got.“

Pressfield, S. (2002). The War of Art. Break Through the Blocks and Win Your Inner Creative Battles. New York, Boston: Grand Central Publishing.

Autorin: Johanna Vedral
Bild: ein malerischer Weg im Südwesten Kretas, by Johanna Vedral

2 Kommentare
  1. Vera sagte:

    Liebe Johanna,
    warum hat man eigentlich Angst vor Erfolg? Zumal die größte Angst?
    Ich habe sie auch – aber eigentlich wünsche ich mir doch Erfolg, warum also die Angst?

    Antworten
    • Johanna Vedral sagte:

      Liebe Vera, eine Grundsatzfrage…
      Die Angst vor Erfolg nennt Pressfield „The Master Fear“ oder „The Mother of all Fears“, weil wir uns so sehr davor fürchten, unser volles Potenzial zu entfalten: „We fear discovering that we are more than we think we are (…) We fear that we actually possess the talent that our still, small voice tells us.“ Dann verlassen wir das vertraute Terrain, wir lassen vielleicht auch vertraute Menschen hinter uns, weil wir weiter gehen und stoßen in neue, unbekannte Bereiche vor… Menschen haben immer Angst vor Veränderung und Entwicklung.
      Doch es ist auch zutiefst menschlich, dass die Neugier über die Angst siegen kann. Die Schreibtrainerin Pat Schneider schreibt dazu in „How the light gets in“:
      „Fear is the best indicator I know that there is something alive in the dark woods of the mind. Fear tells me it is important.“
      Steven Pressfield schreibt: „Fear is good. Like self-doubt, fear is an indicator. Fear tells us what we have to do.“ Spannend!!!
      Liebe Grüße
      Johanna

      Antworten

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