Julia Cameron ist eine weltweit bekannte Ikone der Kreativen bzw. des creative recovery movements. Mit ihren Büchern und Workshops konnte sie Millionen von Menschen bei der Entwicklung ihrer Kreativität und beim Umgang mit kreativen Blockaden unterstützen. Die 1948 geborene vielseitige Schriftstellerin hat die Morgenseiten als Grundrezept für den kreativen Flow bekannt gemacht:

Am Morgen, noch vor jeder anderen künstlerischen Tätigkeit, schreibt man sich in drei handschriftlichen Seiten frei von der Leber, was immer aufs Papier will, ohne mehr Anspruch ans Schreiben zu haben als den, eine „unrühmliche Gehirnentleerung“ vorzunehmen. Die Morgenseiten sind nur fürs Tagebuch bestimmt.
Erst nach den Morgenseiten macht sich Julia Cameron an ihr tägliches Schreibpensum, das wiederum drei Seiten beträgt. Dann hat sie ihr Tagwerk vollbracht. Drei Seiten pro Tag sind neunzig Seiten Rohtext im Monat. Kein Wunder, dass sie mit dieser Formel in den letzten dreißig Jahren vierzig Bücher geschrieben hat – Romane, Sachbücher, Theaterstücke, Gedichtbände, Songs und Musicals.

In ihrem 2006 veröffentlichten Memoir „Floor Sample“ erzählt sie von ihrem Werdegang als Autorin und wie sie dazu kam, andere Menschen bei der Weiterentwicklung ihrer Kreativität zu unterstützen: es ist die Geschichte ihres Lebens als „Ausstellungsstück“ (floor sample) für das, was sie in ihren Kreativitätsratgebern lehrt.

Ihr Weg als Autorin beginnt mit einem zerstörerischen Mythos, dem des Schriftstellers a la Hemingway, der sich den Spirit aus der Flasche holt. Sie beschreibt ihr Leben als Alkoholikerin: zuerst als aufstrebende junge Journalistin in New York, die beim Trinken mit den Kollegen mithalten kann, noch mehr Alkohol und Drogen in der Film- und Kreativszene, in die sie durch ihre Ehe mit Martin Scorsese kam und das Leben als geschiedene junge Mutter, die keine Kontrolle mehr über ihren Alkoholmissbrauch hat. Was bleibt: dass sie ein schreibendes Leben führen will. Das führt sie zu den Anonymen Alkoholikern. Im Memoir erzählt sie, wie sie als trockene Alkoholikerin, die täglich um Führung betet, tapfer und diszipliniert ihre Morgenseiten und die weiteren drei Seiten schreibt, Buch um Buch, trotz persönlicher Krisen, schwieriger Beziehungen zu männlichen Musen und häufigen Umzügen. Als ihr angeboten wird, Schreiben zu unterrichten, entdeckt sie, dass ihre Methode auch anderen Menschen hilft. Und das wiederum unterstützt sie dabei, trocken zu bleiben: „Sobriety is built on a foundation of helping others.“Aus ihren Workshops entsteht das Buch „Der Weg des Künstlers“, durch dessen Erfolg – Lesungen, Vorträge, Reisen etc. – sie mehr ins Rampenlicht gezerrt wird, als sie gut verträgt. Sie legt offen, was der Weltruhm mit ihrer psychischen Gesundheit machte und wie sie in ihrer ersten psychotischen Episode ihre Leidenschaft fürs Schreiben von Musicals entdeckt, obwohl sie immer als unmusikalisch galt.

Hut ab vor dieser unglaublich disziplinierten Künstlerin, die ihren Durst nach Kreativität nicht vom Alkohol vernichten ließ. So konnte sie durch ihr unermüdliches Schaffen durch alle Krisen hindurch den Weg der Künstlerin gehen und Millionen Menschen darin bestärken, ein kreatives Leben zu führen.

Ihr Ansatz darf in unserem Lehrgang „Journal Writing Methoden“ natürlich nicht fehlen. Der neue einjährige Lehrgang startet am 21. November und vermittelt TherapeutInnen, Coaches, SchreibtrainerInnen und anderen GruppenleiterInnen, wie Schreiben zur Förderung der Selbstheilungskraft angeleitet werden kann.

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