Ich habe vor ein paar Tagen ein Mail von meiner Verlegerin bekommen, das meiner Schreibjahresplanung richtig eingeheizt hat – es wird ein neues Buch geben, einen Roman! Ja, ich will! Aber: Was gehe ich jetzt in welcher Reihenfolge an?
Die Reihenfolge der Szenen ist auf einmal sonnenklar, ich stelle sie gleich um im Manuskript und frage im ersten Überschwang der Gefühle bei vier geschätzten Kolleginnen an, ob sie meine friendly readers für den nächsten Überarbeitungsgang sein wollen. Drei Zusagen kommen schnell, huch!

Ich freu mich, ich bin aufgeregt, ich krieg die Panik. Mein eigener Wagemut überrumpelt mich.
Ich freu mich und bin gleichzeitig supernervös. Der Roman kriegt nun den nötigen Adrenalin-Kick fürs Überarbeiten – denn sehr bald werden andere Augen als meine auf den Text schauen und mir Hinweise geben, wie ich den inhaltlichen Feinschliff am besten angehe.

Vom letzten Buch weiß ich, dass Phase 4 im Schreibprozess, das Überarbeiten, ziemlich aufregend ist. Ein Manuskript für die Augen der ersten LeserInnen aufzubereiten, die mir rückmelden, wo es schon fließt und wo es noch holpert, das erzeugt einen wunderbaren Nervenkitzel, ein High-Gefühl wie beim Rohtextschreiben, ich verliebe mich neu in mein Buch und werde auf einer  Achterbahn der Gefühle herumgeschleudert.

Ich drucke das Manuskript, das seit April geschlummert hat, mit der neuen Reihenfolge der Szenen neu aus – es sind 51.000 Worte, die mir auf einmal sehr roh vorkommen. Da sind einige Passagen, die ich noch nie ausgedruckt habe. Spannend, wie all diese Szenen jetzt vor mir liegen! Und fürchterlich, wie ein Chor innerer KritikerInnen sofort loslegt. Wieder muss ein Buch beweisen, dass es kein egomanischer Schwachsinn ist.

Ist das alles nur Schrott? Werden meine friendly readers mir sagen, dass ich das mit den Romanen lieber lassen soll? Werden sie sich fremdschämen? Werden sie sich vor Verlegenheit winden, während sie beim Lesen fieberhaft nachdenken, wie sie es mir am schonendsten beibringen können? Werden sie meine Tempus-Sprünge und den Wechsel der Erzählperspektiven verstehen? Ist die Erzählstimme glaubwürdig? Werden sie die Motive der Hauptperson erkennen und mit ihr mitfiebern, oder werden sie anmerken, dass sie fadisiert sind? Werden sie mir gerade die Passagen zu streichen nahelegen, in die ich besonders verliebt bin? Werden sie mich noch leiden können? Oder werden sie sich angewidert von mir abwenden, weil der Roman in dunkle Ecken der Psyche führt?

Ich sehe Rot. Nicht den imaginären Rotstift, sondern mein Herzblut am Manuskript. Denn nun kommt der prickelnde Balanceakt, beim Überarbeiten gleichzeitig Herzblut und kühlen Kopf einzusetzen, während die inneren KritikerInnen Crescendo kreischen. Überarbeiten ist eine aufregende, gewaltige, erschütternde Phase! In der love affair mit meinem Buch enthülle ich mein Manuskript erstmals als Ganzes vor den Augen meiner friendly readers!
Klar ist – 2019 wird noch spannender als gedacht!

Autorin: Johanna Vedral
Collage: „Das größte Kompliment“, Johanna Vedral

 

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