Heute im Interview: Alexander Greiner, dessen Memoir „Als ich dem Tod in die Eier trat“ 2019 bei Kremayr & Scheriau erschienen ist. Alexanders mutige Auseinandersetzung mit dem Tabuthema Hodenkrebs wurde mit einem Arbeitsstipendium des Bundeskanzleramtes für Literatur gefördert und erfuhr großes Medienecho. Neben der für Patienten äußerst hilfreichen Dokumentation seiner Odyssee durch Krankenhäuser und alternative Heilangebote reflektiert Alexander auch darüber, was es heißt, eine lebensbedrohliche Krankheit anzunehmen und sich komplett neu auszurichten. Sehr berührt haben mich die Schilderungen von Tumorschmerzen, die wohl von Betroffenen nicht nur ein neues Vokabular erfordern, sondern auch eine davor ungeahnte Stärke mobilisieren können. Herzliche Gratulation zu diesem wichtigen Buch und weiterhin viel Erfolg, Alexander!

Was hat dich am meisten überrascht, als dein Buch draußen war?
Ich war in den Wochen kurz vor und nach der Veröffentlichung von einer unglaublichen Freude erfüllt. Fast die ganze Zeit surfte ich auf einer Welle der Glückseligkeit. Aus zweijähriger Arbeit, ein Jahr davon nahezu Vollzeit, war endlich ein richtiges Buch entstanden. Überraschend fand ich allerdings, wie lange es dauerte, bis ich es verinnerlichte. Einige Male lag das Buch neben meinem Laptop auf dem Schreibtisch und ich konnte kaum glauben, dass es wirklich real war und keine Sinnestäuschung oder eine Designattrappe. Erst nach der Erstpräsentation und der Signierstunde sickerte die Gewissheit in meinen Körper.
Wie hat sich dein Leben durch das Buch verändert?
Es ist erhebend, das erste Autorenhonorar aus einem Buchvertrag oder ein Literaturstipendium überwiesen zu bekommen. Mein Buch erhält eine unglaubliche Medienpräsenz und ich werde ständig positiv und wertschätzend auf das Buch angesprochen. Beides stimmt mich froh, dass die Verkaufszahlen stimmen und ich meinen Weg als Schreibender fortsetzen kann, denn das Ersparte, von dem ich die vergangenen zwei Jahre gelebt habe, ist aufgebraucht.
Haben sich auch Beziehungen verändert?
Die Veröffentlichung liegt erst wenige Wochen zurück, deshalb kann ich dazu noch nicht viel sagen, aber mir ist aufgefallen, dass meine Beschäftigung mit dem Schreiben nun anders gesehen wird. Davor wirkte es manchmal so auf mich, als wäre ich mit meiner Idee, aus den Erfahrungen im Umgang mit der Krebserkrankung ein Buch in einem renommierten Verlag herauszugeben, nicht ganz ernst genommen worden. Jetzt scheint es, als würden diese Menschen meine Arbeit respektieren.
Was hast du alles Neues gelernt, seit dein Buch draußen ist?
Den Umgang mit Journalist_innen und Leser_innen, sowie mit der Erkenntnis, dass es sehr lange dauert, alle Zuschriften, die ich bekomme, persönlich zu beantworten. Außerdem lernte ich, aber das ahnte ich natürlich, dass sich das Buch nicht von selbst verkauft.
Wie begleitet dich dein Buch im Alltag?
Obwohl ich sehr dankbar bin, dass mein Verlag eine herausragende Pressearbeit leistet, muss ich mich dennoch selbst um das Social-Media-Marketing und das Anbieten von Lesungen und Vorträgen kümmern. Das bedeutet viel Arbeit. Die meiste Zeit freue ich mich aber, dass das Buch existiert.
Hast du immer Folder dabei oder dein Buch? Bist du gut darin, dein Buch überall, wo du hinkommst, zu empfehlen?
Meine Postkarten sind immer dabei und ich spreche sehr oft über mein Buch, aber nicht immer. Meistens habe ich ein Ansichtsexemplar im Rucksack und hin und wieder auch ein originalverpacktes, wenn ich das Gefühl habe, dass ich an diesem Tag jemanden treffe, der/dem ich es schenken möchte.
Bist du stolz?Oder ist es dir peinlich, im Rampenlicht zu stehen? Wie geht es dir bei Lesungen?
Wenn es mir peinlich wäre, hätte ich etwas falsch gemacht. Es war doch schließlich genau das, was ich wollte: Öffentlich darüber sprechen, was mir geholfen hat, meine Krebserkrankung zu bewältigen. Nur so kann ich als Krebsüberlebender andere Betroffene stärken und gesunde Menschen für die Krebsvorsorge und -früherkennung sensibilisieren. Das ist mir ein großes Anliegen.
Schreiben dir LeserInnen? Sammelst du die Leserstimmen?
Ich erhalte Zuschriften, die stets lobend und motivierend sind, aber die meisten davon sind inhaltlich relativ verhalten. Vermutlich liegt es am Thema Krebs, das für viele ein Tabu ist. Hin und wieder schreiben mir Leser_innen über ihre eigenen Erfahrungen mit lebensverändernden Situationen. Das Feedback zum Buch sammle ich natürlich für die Werbung im Internet.
Wie gehst du mit negativen Rezensionen/ Kommentaren zu deinem Buch um?
Der Umgang mit Krebserkrankungen ist ein höchstpersönliches Entscheidungsfeld. Ich respektiere, dass andere Menschen dazu Meinungen haben, die von meiner Herangehensweise abweichen. Negative Emotionen, die als Kommentare im Internet ausgedrückt werden, können manchmal davon zeugen, einen wunden Punkt getroffen zu haben. Es gefällt mir, wenn mein Buch kritisch und reflektiert diskutiert wird.
Was magst du AutorInnen mit auf den Weg geben, die sich gerade durchringen, ihr Buch für die Publikation aufzubereiten?
Eine realistische Kosten-Nutzen-Abwägung anstellen, inklusive aller Vor- und Nachteile, die eine Veröffentlichung mit sich bringt – und dann über den eigenen Schatten springen und es tun.
Was hättest du gerne schon vorher gewusst?
Wie befreiend es ist, mir nicht mehr unbewusst auf Zunge zu beißen, wenn ich erzähle, dass ich Autor bin.

Details zum und Aktuelles über das Buch gibts auf WebsiteFacebookInstagram und Twitter
Copyright Autorenfoto: Manfred Weis
Cover: Kremayr & Scheriau

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