Ich schreibe am liebsten mit der Füllfeder. Da geht das Schreiben schnell, flüssig, ungeniert, persönlich, intim, frei, roh und wild. Da geht es nur darum, die Gedanken und Bilder aufs Papier zu bringen, damit sie mal in die Welt gesetzt und in einem Text nur für mich festgeschrieben sind.

Mit der Schreibmaschine (ja, damals, in der Steinzeit) funktionierte das freie Schreiben auch ganz gut, weil sowieso klar war, dass ich den ersten Entwurf noch mal in Reinform tippen musste. Der große Nachteil der Schreibmaschine war für mich der erforderliche kräftige Tastenanschlag, was bei meinem Zweifingersystem so manchen Schreibrausch mit breitgeklopften schmerzenden tintenschwarzen Fingern beendete. Beim Umstieg auf die leichtgängigeren Computertastaturen brauchte ich auch länger, um das kräftig in-die-Tasten-Hauen in ein sanftes über-die-Tasten-Gleiten zu verwandeln. Mittlerweile verwende ich vier Finger beim Tippen. Wenn das so weitergeht, bin ich mit 100 beim Zehnfingersystem angekommen. 🙂

Die anfangs mit großer Begeisterung aufgenommene Papier- und Tipp-Ex-Ersparnis durch den Umstieg auf den Computer wich bald einer neuen Schwierigkeit beim Schreiben. Die coolen Tools der zunehmend ausgefeilteren Textverarbeitungsprogramme führten dazu, dass ich leicht beim Rohtextschreiben in den Überarbeitungsmodus verfallen konnte, musste ich doch nur die Delete-Taste drücken und konnte mitten im Satz mit dem Umformulieren beginnen.

Mittlerweile habe ich eine Strategie gefunden, Rohtexte auch am Computer zu schreiben: Ich verzichte konsequent auf Großbuchstaben, weil es schneller geht, wenn ich nicht dauernd die Umstelltaste drücken muss. Auch auf die korrekte Interpunktion und das sofortige Ausbessern von Tippfehlern pfeife ich, das kann ich ja beim Überarbeiten machen. Am besten ist, ich schaue auch nicht auf den Bildschirm, weil ich den Schreibfluss nicht durch Zurücklesen einbremsen will. Beim Überarbeiten lese ich den Text sowieso.

Gelingt es mir nicht, in einen flüssigen Schreibmodus zu kommen, hilft bei mir nur zum händischen Schreiben zurückzukehren und mir mit meinem Notizbuch einen neuen Schreibplatz zu suchen, wo es fließt. Schließlich schreibe ich ja auch deshalb so gern, weil sich das anfühlt, wie in einer sprudelnden Quelle zu baden, die mich mit der ganzen Welt verbunden fühlen lässt. Ich schreibe, weil es mich glücklich macht – und um dieses Glück mit-zu-teilen.

Wie hältst du es mit dem Rohtext-Schreiben?

Autorin: Johanna Vedral

7 Kommentare
  1. maschinschreibprinzessin sagte:

    dem kann ich nur zustimmen. ich habe lange gebraucht um „meinen schreibweg“ zu finden. vom computer, über eine alte schreibmaschine (mit der es auch ganz gut ging, weil mich das geräusch des anschlagens in eine art trance verstetzen kann), bin ich letztendlich auch (wieder)bei der füllfeder und dem notizbuch gelandet. auch deshalb, weil es so einfach überallhin mitzunehmen ist. und das geräusch der feder auf dem papier hat etwas ganz spezielles!

    danke übrigens für die tollen tipps hier in deinem blog! ich lese immer wieder gerne rein.

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  2. bschreiberin sagte:

    Wie wahr! Noch eine Variante fürs Schreiben ohne Zensor: Den Bildschirm dunkel stellen. Das fühlt sich erst komisch an, ist aber auch ein guter Trick fürs S-Bahn-Schreiben. Dann kann niemand mitlesen.

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