Wie geht es Autorinnen, wenn ihr heiß ersehntes Buch-Baby endlich auf der Welt ist? Ich wollte es genauer wissen und stellte einige Fragen rund ums erste Buch. Heute: die Pädagogin Martha Wirtenberger, die ihre Erfahrungen als Reisende in ihren Büchern teilt – denn das Reisen zieht sich durch ihr Leben wie ein roter Faden. Im Interview erzählt Martha, wie ihr erstes Buch „Mutzge – Gespräche mit meinem verstorbenen Bruder“, ein autobiographisches Buch über ihren Trauerweg ihr Leben verändert hat.

Was hat dich am meisten überrascht, als dein Buch draußen war?

Am meisten hat mich bei meinem ersten Buch überrascht, wie verletzlich und verwundbar ich bei Leserbriefen, Kommentaren, Rückmeldungen war. Es ist ein sehr persönliches Buch und natürlich kamen auch einige mit Trauer und Tod konfrontierte Menschen auf mich zu, die mir sehr berührende Briefe und Karten mit ihren persönlichen Geschichten schrieben. Es überraschte mich, dass Seiten von mir durch das Buch sichtbar wurden, die offensichtlich einige Menschen im meinem Umfeld noch nicht von mir gekannt hatten.

Wie hat sich dein Leben durch das Buch verändert?

Ich glaube, das Buch hat mich bereits beim Schreiben verändert. Es war ein sehr intimer Prozess der Trauerarbeit und ich erkannte, wie heilend das Schreiben für mich auch in diesem Abschieds- und Loslassprozess war. Die Veröffentlichung und das Überarbeiten des Buches, das ja gar nicht als solches geplant war, gingen nochmals eine Schicht tiefer für meine eigene Trauerarbeit. Plötzlich zeigt man sich für eine breite Öffentlichkeit verletzlich und verwundbar und mir hat das gezeigt, dass ich genau durch diese Ehrlichkeit andere berühren und unterstützen kann in ihren Themen. Das Teilen von Erfahrungen, Begegnungen, innerer Heilarbeit oder das Reflektieren verändert mich und löst bei LeserInnen etwas aus. So entsteht ein Dialog mit LeserInnen, die ich ohne das Veröffentlichen meiner Bücher nicht kennen gelernt hätte. Mit fünf LeserInnen sind sogar sehr schöne Freundschaften entstanden, für die ich sehr dankbar bin.

Haben sich auch Beziehungen verändert? Wie?

Das ist eine sehr spannende Frage. Mir war es immer wichtig, dass Menschen, die im Buch vorkommen, damit einverstanden sind, was und worüber ich schreibe. Ich gab ich das Manuskript meines autobiographischen Buches meinen Familienmitgliedern vorab zum Lesen. Es war mir ein großes Anliegen, dass sie hinter dem Buch stehen können. Glücklicherweise bestärkten mich alle darin, das Buch zu veröffentlichen. Bei meinen anderen Büchern habe ich die Namen geändert oder die betroffenen Personen vorab gefragt, ob ich über die Begegnung und Erfahrung mit ihnen schreiben darf.

Was hast du alles Neues gelernt, seit dein Buch draußen ist?

Da gibt es sehr viele Aspekte. Einerseits lernte ich viel über das Veröffentlichen von Büchern, begegnete anderen Autorinnen, war im Austausch mit Verlagen und knüpfte viele interessante Kontakte. Ebenso kam ich nach Mallorca zu einem Autorengespräch. Zwei meiner Bücher habe ich in Lima, Peru veröffentlicht und hatte so Buchlesungen auf Spanisch mit ausschließlich peruanischem Publikum. Ich lernte, meine Scheu vor Kamera und im Radio zu sprechen, abzulegen. Das half mir auch für meine berufliche Tätigkeit, wo ich öfters Interviews gab und auch mit Medienarbeit konfrontiert war. Marketing war öfters etwas, was mir nicht viel Freude bereitet hat. Durch meine Bücher lernte ich, mit sehr viel Liebe zu sprechen.

Hast du Folder dabei oder dein Buch? Bist du gut darin, dein Buch überall, wo du hinkommst, zu empfehlen?

Die Gespräche entwickeln sich oft so, dass meine Bücher früher oder später vorkommen. Das geschieht oft spielerisch und ist nicht bewusst so von mir gesteuert. Sehr viele Menschen wissen, dass ich viel reise und fragen mich auch dazu. So kommt es automatisch schnell zu meinen Büchern. Überall nehme ich meine Bücher nicht mit, da ich sehr viel unterwegs bin und mir das oft einfach zu schwer zum Tragen wäre.

Bist du stolz? Oder ist es dir peinlich, im Rampenlicht zu stehen? Wie geht es dir bei Lesungen?

Ich sehe es nicht so, dass ich im Rampenlicht stehe. Mir ist der Austausch, Dialog und das Teilen wichtig. Meine Intention für das Schreiben war immer, dass ich nicht ohne Schreiben sein kann und möchte. Die Veröffentlichungen waren mir ein Anliegen, da ich gerne Inspiration, Unterstützung oder einfach Erfahrungen zum Anregen der Phantasie und neuen Sichtweise geben möchte. Lesungen machen mir Freude, aber ich habe mehr Erfahrung damit in Peru gesammelt. Die schönste und für mich sehr berührende Lesung bisher hatte ich in Trinidad, Kuba. Da hat mein Exfreund, der in meinem Kubabuch vorkommt, mit seiner Band gespielt und eine Freundin von Deutsch auf Spanisch übersetzt. Danach entstand ein Austausch zu interkulturellen Gemeinsamkeiten und Unterschieden. Es wird unvergesslich für mich bleiben. Bald habe ich eine Lesung in Innsbruck aus meinem Buch: „Die Welt ist mein Zuhause“, auf die ich mich freue. Das Spannende vor Lesungen ist immer, keine Ahnung zu haben, wer kommt und wie die Themen mit den ZuhörerInnen in Resonanz gehen. Das ist aber das Besondere.

Was magst du AutorInnen mit auf den Weg geben, die sich gerade durchringen, ihr Buch für die Publikation aufzubereiten?

Ich finde es am Wichtigsten, authentisch zu sein und zu bleiben. Die LeserInnen spüren, was die Intention des Buches ist. Damit meine ich auch, dass wir zu richtigen Verlagen, Kontakten und Namen für die Publikation kommen. Wenn wir tief in uns hinein hören als Autorin, dann wissen wir, was zu tun ist oder werden geführt. Das können Begegnungen zum „richtigen“ Zeitpunkt sein oder Hinweise und Tipps, die einem unterkommen. Wichtig ist, offen zu bleiben für alle Möglichkeiten für das Buchprojekt. Ebenso  ist wichtig, sich zu überlegen, für wen man das Buch schreibt und wer die Zielgruppe sein soll. Das macht es irgendwie leichter, weil Bilder entstehen, an wen man sich mit dem eigenen Buch richtet.

Was hättest du gerne schon vorher gewusst?

Ich bin froh, dass ich nichts gewusst habe und sich das Veröffentlichen zu Beginn „zufällig“, dann über einzelne Schritte, Rückmeldungen, Intuition und dann immer mehr mit den „richtigen“ Personen, Kontakten und Empfehlungen ergeben hat.

DANKE für deine Antworten!

Autorin: Johanna Vedral
Foto & Buchcover: Martha Wirtenberger

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