Lehrende aller Fächer wissen, wie schwierig es ist, komplexe fachliche Inhalte kompakt und prägnant populärwissenschaftlich aufzubereiten. Der promovierten Indologin Johanna Buß ist dies in ihrem Buch „Hinduismus für Dummies“ hervorragend gelungen. Mit ihrer humorvollen Schreibstimme lässt sie komplexe Hintergründe ganz einfach erscheinen, so dass LeserInnen sich keineswegs als Dummies fühlen. Gratulation zur zweiten Auflage!
Was hat dich am meisten überrascht, als dein Buch draußen war?
Am meisten überrascht haben mich die baldigen positiven Rezensionen. Ich war doch sehr unsicher, wie das ankommt, auch weil ich noch nie in dem Für-Dummies-Stil geschrieben habe. Ich habe befürchtet, dass mein Humor falsch ankommt oder ich manches zu vereinfacht dargestellt habe. Ebenso haben mich die positiven Reaktionen meiner FachkollegInnen gefreut. Am überraschendsten für mich war in der längeren Sicht über mehrere Jahre, wie nützlich mir selbst das Buch geworden ist. Ich werde ab und zu für Vorträge oder Fortbildungen angefragt und das ist sehr hilfreich, auf vieles schnell zurückgreifen zu können und daraus neue Vorträge zu generieren. Kann ich nur empfehlen.
Wie hat sich dein Leben durch das Buch verändert?
Ich habe speziell durch dieses Buch Sicherheit gewonnen, auch mal Projekte anders anzugehen. Es war ja ein Auftragswerk und der Verlag hat ganz spezielle Vorgaben, wie die Kapitel aufgebaut und strukturiert sein müssen, auch wenn ich im Inhalt weitgehend frei war. Dieses strukturierte Arbeiten an einzelnen Kapiteln hat mir eine neue Arbeitsweise eröffnet, wie man also zügig schreiben kann.
Was hast du alles Neues gelernt, seit dein Buch draußen ist?
Ich habe mich eigentlich erst nach dem Buch ernsthafter mit Fragen der Veröffentlichung auf dem kommerziellen Markt und den Problemen, mit denen sich eine Autorin herumschlagen muss, beschäftigt. Leider hilft es nur bedingt, wenn man schon mal etwas veröffentlicht hat und dann in einer ganz anderen Sparte unterkommen möchte.
Wie begleitet dich dein Buch im Alltag?
Es begleitet mich mehr bei meiner Arbeit, als ich erwartet hätte. Die Für-Dummies-Reihe ist ja relativ bekannt, aber eben nicht unbedingt für geisteswissenschaftliche Themen und das finden alle lustig. Daher ist es oft – auch im Unikontext – das Buch, das jedes Mal garantiert erwähnt wird, nicht etwa meine komplexeren wissenschaftlichen Arbeiten. Dabei habe ich über Totengeister promoviert, ist doch auch ein interessantes Thema. Aber der Titel der Diss ist schon so lang, dass die meisten wohl nicht mal den zu Ende lesen.
Hast du immer Folder dabei oder dein Buch? Bist du gut darin, dein Buch überall, wo du hinkommst, zu empfehlen?
Mir ist das immer peinlich, darauf hinzuweisen. Es kostet mich auch zehn Jahre später noch Überwindung. Inzwischen tue ich es aber, denn sonst hätte ich es ja nicht schreiben müssen. Meistens nehme ich einige Bücher zu Vorträgen und Fortbildungen mit und weise kurz darauf hin, dass man das auch käuflich erwerben kann. Da der Verlag groß ist und die Reihe bekannt, war ich in der privilegierten Lage, keine eigene Werbung machen zu müssen, damit es sich verkauft. In privaten Kreisen mache ich nur Werbung, wenn ich weiß, dass die Leute damit etwas anfangen können. Wenn sich jemand nicht die Bohne für Indien oder andere Religionen interessiert, dränge ich ihm oder ihr auch nicht mein Buch auf.
Bist du stolz? Oder ist es dir peinlich, im Rampenlicht zu stehen? Wie geht es dir bei Lesungen?
Ich bin schon stolz auf das Buch, es war wirklich viel Arbeit, die zum Teil sehr komplexen Inhalte so herunterzubrechen, dass sie verständlich werden und trotzdem nicht falsch und dabei noch halbwegs unterhaltsam zu bleiben. Das war eine große Herausforderung und ich habe mich da erst einmal ein, zwei Kapitel lang freischreiben müssen. Vorher war mir ja nicht klar, ob ich das überhaupt kann. Ohne meine ermutigende Lektorin und meine korrekturlesenden FreundInnen wäre das auch nichts geworden. Lesungen gibt es bei diesem Buch nicht, daher muss ich da nicht durch. Ich bin bisher noch überhaupt nicht auf die Idee gekommen, eine zu veranstalten. Ich habe leider versäumt, beim Erscheinen der ersten Auflage ein Book-Release zu veranstalten, ich habe da einfach nicht dran gedacht. Das ist ja eine große Geburtstagsfeier für ein Buch und mir tut es irgendwie leid, es bei diesem Buch versäumt zu haben. Vielleicht war ich damals auch noch zu schüchtern und hätte es eh nicht gemacht. Nachher hätte noch jemand gemerkt, dass ich das Buch geschrieben habe.
Eine sehr kuriose Situation hatte ich mal, als eine meiner Studentinnen in ihrer Hausarbeit ausführlich aus meinem Buch zitiert hat. Das hat mich natürlich gefreut, aber es ist eben ein populärwissenschaftliches Buch und es war schon für mich eine Erfahrung der dritten Art, ihr zur erläutern, warum mein Buch nichts in einer wissenschaftlichen Hausarbeit zu suchen hat, obwohl es natürlich auf wissenschaftlichen Quellen basiert.
Schreiben dir LeserInnen?
Zuschriften bekomme ich nur selten. Eine davon hat mich besonders berührt, denn sie war von einem indischen Ehepaar, zwei Hindus, die in Deutschland leben und ihrem heranwachsenden Kind mein Buch schenken wollten, damit es die Grundlagen seiner eigenen Religionen kennenlernt. Das war für mich wie ein Ritterschlag.
Wie gehst du mit negativen oder neidischen Rezensionen zu deinem Buch um?
Zum Glück habe ich bisher wenig bis gar nichts Negatives gehört oder gelesen, was nicht heißt, dass es das nicht gibt. Aber es ist eben noch nicht an mein Ohr oder Auge gedrungen. Möglicherweise erleichtert mir auch meine selektive Wahrnehmung das Leben. Von anderen Buchprojekten weiß ich allerdings, genauso von der Arbeit mit meiner Lektorin, dass ich eine eher empfindliche Schreiberin bin und dann immer gleich innerlich Goethes Gedicht „Rezensent“ aufsage. Kritik, die nicht auf Augenhöhe geschieht, ärgert mich meist sehr – wenn Leute keine Ahnung haben, wovon sie reden, aber sich dann eine Meinung erlauben. Da kann man auch nicht mehr viel sagen. Berechtigte Kritik ärgert mich auch, aber nur für dreieinhalb Minuten und dann bin ich dankbar für Anregungen oder Fehlerberichtigungen.
Was magst du AutorInnen mit auf den Weg geben, die sich gerade durchringen, ihr Buch für die Publikation aufzubereiten?
Habt Mut! Ich glaube, es braucht sehr viel Mut, den allerallerletzten Punkt zu setzen und zu sagen, jetzt bin ich fertig. Mir hat meine Lektorin im Nacken gesessen. Ich hatte also quasi jemanden, der für mich den Schlusspunkt gesetzt hat. Sonst würde ich möglicherweise immer noch an den Formulierungen feilen. Ich glaube tatsächlich, dass der Abschluss eines Buches der schwierigste Teil ist. Hätte man nicht noch, könnte man nicht noch, sollte man nicht noch… Nein. Steh dazu und gib das Ding ab. Mein Mantra (von einem Kollegen geklaut): Done is better than perfect.
Was hättest du gerne schon vorher gewusst?
Mir hätte es gut getan, wenn ich schon eher versucht hätte, ein Buch zu veröffentlichen. Ich hatte immer die Vorstellung im Kopf, das mache ich, wenn ich mal groß und stark bin. Nach den ersten Veröffentlichungen ist mir aufgegangen, dass man allein beim Tun wächst und das Warten auf den hilfreichen Genius Zeitverschwendung ist. Der Genius besucht einen leider meist nur, wenn man intensiv arbeitet und flüstert einem dann auch noch leise aber sehr beharrlich Ideen für neue Projekte ein, die man an dieser Stelle gerade gar nicht gebrauchen kann.
Link zum Buch: https://www.wiley-vch.de/de/option=com_eshop&view=product&isbn=978-3-527-71579
Fotocredits: Johanna Buß & Wiley Verlag
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