„Puh, heftiges Thema“, hörte ich schon von einigen Menschen, die in mein neues Buch hineinblätterten, die Leseprobe oder den Klappentext lasen. Es geht um Gewalt in der Erziehung, in der rauen Steiermark in den 80er Jahren, wie die Heldin dieser Gewalt entkommt und darüber hinaus wächst, ein Opfer zu sein. „Ist die steirische Provinz wirklich so schrecklich?“, fragte meine Verlegerin Andrea Schiffer.
Die Steiermark ist ein schönes Land. Ich bin froh, dass ich einige Jahre meiner Kindheit so nah an der Natur am Land verbringen durfte.
Allerdings kann es in der Obersteiermark etwas rauer zugehen, das hat auch Harald Darer in seinem Roman „Wer mit Hunden schläft“ drastisch beschrieben.
Mein Roman „Freiheit du wildes Tier“ illustriert das Erziehungsklima in der Steiermark in den 80er Jahren, als gerade mal die prügelnden Lehrer aus den Klassenzimmern verschwunden waren, durch die Augen eines geschlagenen Kindes, das sich letztendlich mit Hilfe von Gendarmerie und Fürsorge selbst von der Gewalt befreit:
„Kinder muss man schlagen, bis das Blut spritzt“, das hat Mama vor gar nicht langer Zeit im Autobus lauthals vertreten, und die verhärmte Bäuerin vom dreckigsten Hof in Kaffstadt hat ihr da beigestimmt. Immerhin haben die Schläge ihr auch nicht geschadet, nicht wahr? Die Diskussion über die gesunden Watschen hat sich im ganzen Autobus ausgebreitet, und es war kein einziger Mensch dabei, der die Gegenposition vertreten hätte. Nur der Busfahrer versuchte einzulenken. Aber dem hörte keiner zu. („Freiheit, du wildes Tier“, S. 98)
Im Rest von Österreich hat es aber sicher nicht besser ausgesehen als in der wilden Obersteiermark. Vergessen wir bitte nicht, dass in Österreich erst 1977 das Züchtigungsrecht der Eltern abgeschafft und dann 1989 das absolute Gewaltverbot in der Erziehung gesetzlich festgeschrieben wurde. Ich schreibe also nicht über exotische Einzelfälle, sondern porträtiere einen heute Gottseidank schon schaurig anmutenden Zeitgeist. Auch wenn Gewalt in der Erziehung leider noch immer nicht etwas Exotisches aus der grauen Vorzeit ist, denn laut dem letzten Gewaltbericht des BMfJF ist noch immer jeder zweite österreichische Jugendliche Gewalt ausgesetzt.
Die Steiermark ist ein schönes Land, keine Frage!
„Wo die Gemse keck von der Felswand springt
und der Jäger kühn sein Leben wagt;
wo die Sennerin frohe Jodler singt
am Gebirg, das hoch in Wolken ragt …“
(Auszug aus der Landeshymne, die auf der Website des Landes Steiermark in voller Länge zu finden ist)
Autorin: Johanna Vedral
Bild: Die Geschichte vom Daumenlutscher aus dem Struwwelpeter, einem erstmals 1845 veröffentlichten Buch von Heinrich Hoffmann, das noch immer aufgelegt wird und schwarze Pädagogik zu Zeiten des Züchtigungsrechts schaurig illustriert.
Zum Weiterlesen:
Vedral, Johanna (2019). Freiheit, du wildes Tier. punktgenau.
Darer, Harald (2013). Wer mit Hunden schläft. Picus.
Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend (2009). Familie, kein Platz für Gewalt! (?) 20 Jahre gesetzliches Gewaltverbot in Österreich. https://www.gewaltinfo.at/uploads/pdf/bmwfj_gewaltbericht_2009_keinplatzfuergewalt.pdf
Gewaltinfo: https://www.gewaltinfo.at
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