Manchmal kann eine Serie dazu führen, eine mir bis dahin unbekannte Dichterin und deren letztendlich nicht gelungene Mundtotmachung durch die Inquisition zu entdecken. So stieß ich durch die Netflix-Serie „Juana Ines“ auf die feministische mexikanische Nonne Sor Juana Ines de la Cruz (1648 – 1695), die als größte Dichterin des 17. Jahrhunderts gilt. 

Sie schrieb Barockpoesien, Dramen, Kantaten, Traktate und eine Autobiographie. Ihr Hauptwerk „Primero Sueño“ (Erster Traum) ist eine 200 Jahre vor Freud formulierte Traumtheorie (!) und beschreibt in 975 Versen ihr Einschlafen und die Ablösung ihrer Seele vom Körper, um im Traum durch die Máquina del universo zu fliegen.

Juana Ines, deren Werk in Spanien zu Lebzeiten auflagenstark gedruckt wurde, kämpfte zeitlebens im frauenfeindlichen katholischen Neuspanien (Mexiko) stürmisch für das Recht der Frauen auf Wissen und Ausbildung und darüber hinaus schreibend mit ihren Stimmen in der Öffentlichkeit zu sein: Frauen müßten Lehrerinnen werden können, vor allem aber studieren dürfen!“
Sie gilt als die erste Berufslyrikerin Lateinamerikas, denn sie konnte von den Einnahmen für ihre Auftragsgedichte gut leben.

Ihr Privatgelehrtendasein im Kloster ging zu Ende, als Juana Ines letztendlich von der Inquisition mundtot gemacht wurde:
Hans-Otto Dill erklärt dies in seinem Vortrag über das dichterisch-philosophische Werk der feministischen Nonne mit dem Zeitgeist, der aufklärerische Ideen bekämpfte:
„Ihre Mundtotmachung verwundert nicht, da sie einen für Dogmatiker und Scholastiker höchst verdächtigen Rationalismus vertrat, und das als Nonne. Neben Künsten und Philosophie betrieb sie – selbst für Männer in der Kolonie eine Rarität – Naturwissenschaften mit eigenen Experimenten und Instrumenten, was man ihrem Denken anmerkt.“

Juana Ines wurde der Häresie bezichtigt, wegen ihrer allzu weltlichen Dichtung getadelt, zu einem mit eigenem Blut geschriebenen Sündenbekenntnis verdammt und musste ihre 4000 Bücher umfassende Bibliothek verkaufen und sich statt Lesen, Schreiben und Lernen der Krankenpflege während der Pest widmen, an der sie mit 45 Jahren starb.

Ihr Werk konnte trotz aller Bemühungen der Inquisition, ihre Bücher zu verbrennen, überleben und wird auch heute noch verlegt!

Autorin: Johanna Vedral
Bild: Sor Juana Inés de la Cruz by Miguel Cabrera, Quelle: wikipedia

Zum Weiterlesen:
– Sor Juana Inés de la Cruz (1992) Der Traum. Spanisch-Deutsch. Hrg. u. übers. von Alberto Pérez-Amador Adam und Stephan Nowotnick, Frankfurt am Main.

– Dill, Hans-Otto: „Hätte Aristoteles mehr gekocht, hätte er mehr geschrieben“: Arbeit vs. Muße im dichterisch-philosophischen Werk der mexikanischen Nonne Sor Juana Inés de la Cruz“
– Link zur Netflix-Serie: https://www.netflix.com/at/title/80123792

1 Kommentar
  1. Lucia Mennel sagte:

    Zu juana Inés de la cruz Gibt es ausführliche reflexionen über Zeit und MEXIKANISCHEM Kontext von OCtavio Paz „Sor juana oder die Fallstricke des Glaubens“, zwischenzeitlich auch als Tb erhältlich. Sor juana de la cruz ist eine absolut bemerkenswerte Frau, Schriftstellerin und Forscherin ihrer Zeit. Ich freue mich sehr sie hier wieder zu entdecken.

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